Nein, wir meinten nicht die Seifenoper "Hinter Gittern - Der Frauenknast", die 1997 bis 2007 auf RTL ausgestrahlt wurde, als wir dem heutigen Bericht seinen Titel gegeben haben. Vielmehr spielen wir damit auf die Konzertsituation in der Kirche von Bonyhád an, in der wir heute unsere ersten Auftritte hatten. In der um 1800 erbauten Kirche wurde die Orgel vorsorglich mit Gitterstäben abgesperrt, die Ungefugten den Zutritt verweigern sollten. Mittlerweile ist die Orgel für alle erreichbar, doch die Gitterstäbe an ihren Seiten sind nach wie vor vorhanden und wurden heute Morgen beim Gottesdienst einigen von uns zum Verhängnis. Denn nachdem wir die doch sehr kleine Kirche gesichtet hatten und schon am Überlegen waren, ob Chor, Orchester oder Pfarrer beim Gottesdienst draußen bleiben soll, entschieden wir uns, von der Empore zu singen. Nur leider war dort auch nicht wirklich genug Platz für ca. 60 Musiker (abzüglich der Kleinen, der Klarinetten und der Gitarre, sonst wären wir noch mehr gewesen). Da nicht das ganze Orchester um die Orgel herum Platz fand, wurden die Oboen und Flöten, später auch die Bratschen in die Bänke - hinter die Gitterstäbe - versetzt. Auge in Auge mit den Herren im Chor, die gegenüber hinter den dortigen Gitterstäben saßen, beklagten sie nun ihr Leid, sich wie Gefangene fühlen zu müssen. Hans hingegen schien mit der Aufstellung zufrieden zu sein, meinte er doch: "Jetzt sind die Männer endlich einmal dort, wo sie hingehören." Zu den Instrumentalisten auf der anderen Seite äußerte er sich vorsorglichh nicht, was in Anbetracht seiner Nachbarschaft zu spitzen Bratschenbögen während des Gottesdienstes vielleicht auch besser war.
Nun, so waren wir also bei Gottesdienst zum Teil hinter Gittern. Umfragen zufolge war die Stimmung bei den Herren im Chor unterschiedlich; mehr oder weniger gefasst ertrugen sie ihr Los. So haben Christoph und Torsten begonnen, die Spitzen der Gitterstäbe zu entstauben und die Spinnweben wegzukehren. Nun stellt sich natürlich unwillkürlich die Frage, ob manche Damen im Chor Einfluss auf die Aufstellung hatten und diese Erziehungsmethode für wirkungsvoll hielten, um ihre Männer zu animieren, mehr um Haushalt zu helfen... Andere hingegen waren durchaus verunsichert und konnten ihr Schicksal nicht begreifen. So meinte zum Beispiel Norbert, dass er während des ganzen Gottesdienstes nur in sich gegangen wäre und sich gefragt habe, was er falsch gemacht habe; so viele falsche Töne seien dooch gar nicht dabei gewesen. Karo gegenüber hinter den anderen Gittern von Angesicht zu Angesicht zu sehen, schien ihm auch kein Trost zu sein. Ach Hans, vielleicht hättest du den armen Herren der Schöpfung ihr Gewissen mal erleichtern sollen.
Drüben bei den Instrumentalisten wurde die Situation gelassener aufgenommen. Dort wurden die Gitterstäbe von den pragmatischen Bratschen kurzerhand zu Notenständern umfunktioniert. Als Strafe dafür wurden die beiden beim Konnzert am Nachmittag in der gleichen Kirche vom Aufbauteam sofort wieder hinter Gitter verbannt. Denn das Konzert konnten wir natürlich nicht auf der Orgelempore spielen. Also mussten wir uns unten irgendwie arrangieren. Letzten Endes sind wir doch alle zusammen in dem Altarraum untergekommen. Sehr zur (Schaden-)Freude manch anderer Instrumentalisten saßen die Bratschen nun vor dem Altar, der mit Gitterstäben abgegrenzt war. Podestartig erhoben saßen sie da wie auf dem Präsentierteller und prompt kamen die Paparazzi in Form von Olli und Udo, um sie wie eine seltene Spezies abzulichten. Doch nicht lange, und unser Hauptfotograf Olli wurde ebenfalls wieder mit den anderen Tenören hinter Gittern verbannt. Sie durften die Treppe zur Kanzel emporsteigen und dem, von dem sie sangen, ein Stück näher rücken, Noah allen voran. Doch die Treppe reichte nicht für alle und die am Fuß der Treppe Stehenden waren hinter einer Tür mit Gittermuster, die auch geschlossen werden musste, damit der Sopran Platz hatte. Doch nach der traumatischen Erfahrung des Vormittags wollten die Tenöre sich das nicht gefallen lassen und hängten die Tür einfach aus. Nun spielten wir also unser erstes Konzert der Tournee, die Tenöre auf Treppe und im Türrahmen, die Bratschen hinter den Gittern des Altars, alle anderen freistehend oder in die Sitzreihen eingeklemmt (Oboen und Flöten). Die Bratschen wurden letztendlich sogar beneidet, weil sie zu zweit hinter ihren Gittern den meisten Platz von allen und dementsprechend die meiste frische Luft hatten. Zum Vergleich: Bernd möchte sich erinnert haben, dass bei der letzten Chorfahrt in Ungarn vor zwölf Jahren neun Tenöre mit drei Notenmappen hinter den Gittern vor dem Altar gestanden hatten. Von denen haben übrigens nur gefühlt zwei gesungen. Kommentar von Torsten: "Statisten brauchste auch."